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PolitikTürkei

Türkisches Parlament stimmt für Schwedens NATO-Beitritt

24. Januar 2024

Das langanhaltende Tauziehen zwischen Ankara und Stockholm ist - fast - am Ende. Nur der türkische Staatschef Erdogan muss noch unterschreiben. Und dann ist Ungarns Premier Orban an der Reihe.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan und Ungarns Premier Viktor Orban am 18. Dezember 2023 in Budapest
Der türkische Staatschef Erdogan (l.) und Ungarns Premier Orban zögerten lange mit ihrem Ja für Schwedens NATO-AufnahmeBild: Denes Erdos/AP Photo/picture alliance

Schweden steht kurz vor der lang ersehnten Aufnahme in die NATO: Rund 20 Monate nach Antragstellung und nach immer neuen Blockaden stimmte das Parlament der Türkei am Dienstagabend dem Beitritt des skandinavischen Landes zum Verteidigungsbündnis zu. 287 Abgeordnete stimmten dafür, 55 dagegen, vier enthielten sich. Allerdings nahmen nur 346 von insgesamt 600 Volksvertretern an der Abstimmung in Ankara teil.

Nur 346 von insgesamt 600 türkischen Abgeordneten nahmen an der Abstimmung über Schwedens NATO-Beitritt teilBild: Gülsen Solaker/DW

Nun muss Präsident Recep Tayyip Erdogan den Beschluss noch einmal unterschreiben und dann im Amtsblatt veröffentlichen. Das gilt als so gut wie sicher - mit Spannung wird aber erwartet, ob er die türkische Ratifizierung auch zeitnah abschließt. Zudem muss auch das NATO-Land Ungarn der Aufnahme Schwedens noch offiziell zustimmen. Alle anderen 29 Alliierten haben dies bereits getan.

Die schwedische Regierung begrüßte die Entscheidung. "Heute sind wir einer vollständigen Mitgliedschaft in der NATO einen Schritt nähergekommen", ließ Ministerpräsident Ulf Kristersson unmittelbar nach der Abstimmung in Ankara verlauten.

Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson Bild: Henrik Montgomery/TT/IMAGO

Orban: Auch Ungarn für Schwedens NATO-Beitritt

Nach der Zustimmung des türkischen Parlaments zum NATO-Beitritt Schwedens gibt offenbar auch Ungarn seien Widerstand auf. Er habe NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mitgeteilt, dass seine Regierung die Mitgliedschaft Schwedens unterstütze, teilte Ministerpräsident  Viktor Orban über das Online-Portal X mit. Er werde das Parlament in Budapest dazu drängen, für den Beitritt Schwedens zu stimmen. 

Stoltenberg selbst teilte nach dem Telefonat mit Orban mit, er rechne jetzt mit einer raschen Ratifizierung des NATO-Schweden-Vertrags in Ungarn. Tatsächlich dürfte die Ratifizierung im Parlament nun nur noch Formsache sein. Allerdings kommt die Volksvertretung in Budapest planmäßig erst wieder im Februar zusammen.

Deutschlands Bundesregierung nannte die Entscheidung des türkischen Parlaments "wichtig und richtig". Der anstehende Beitritt von Schweden wird, wie die bereits vollzogene Aufnahme Finnlands, das Nordatlantische Bündnis insgesamt weiter stärken, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit Finnland die NATO-Mitgliedschaft beantragt. Finnland wurde bereits Anfang April vergangenen Jahres als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen.

Kampfjets, Kurden, Koranverbrennungen

Ob die Zustimmung der Türkei an Zugeständnissen in Verhandlungen über Rüstungsgeschäfte hängt, ist bislang unklar. Erdogan hatte die Zustimmung seines Landes unter anderem an Kampfjet-Lieferungen aus den USA geknüpft. Er will moderne Jets vom Typ F-16. Bisher fehlt dazu aber weiterhin die Zustimmung des Kongresses in Washington.

Die Türkei hatte ihre Blockade auch immer wieder mit einem aus ihrer Sicht unzureichenden Einsatz Schwedens gegen "Terrororganisationen" begründet. Dabei geht es vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG. Ärger gab es zudem um die Genehmigung von Koranverbrennungen in Schweden, die auf scharfe Kritik aus Ankara stießen. Ungarn wiederum störte sich an kritischen schwedischen Aussagen zur Rechtsstaatlichkeit und Korruption im Land.

Von Deutschland und den weiteren Bündnispartnern war die Blockade immer wieder kritisiert worden, in Schweden führte die Zeit der Ungewissheit angesichts der russischen Invasion in der Ukraine zu wachsendem Frust. Die Türkei und Ungarn unterhalten trotz des Angriffskrieges gute Beziehungen mit Russland und stehen den Sanktionen des Westens kritisch gegenüber.

sti/AR (afp, dpa, rtr)