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Politik

Streubomben - die geächtete Waffe

7. Juli 2023

Ähnlich wie eine Landmine entwickelt Streumunition ihre tödliche Wirkung oft erst Jahre später. Die Opfer sind meist Zivilisten, wie auch beim Einsatz in der Ukraine. Ein Überblick.

 Blick auf eine entschärfte Streubombe BLU 26, die in Laos gefunden wurde
Eine entschärfte Streubombe BLU 26 in Laos: Es ist weltweit das Land mit der höchsten Verseuchung durch StreumunitionBild: Sebastian Bozada/dpa/picture alliance

Die USA wollen der Ukraine Medienberichten zufolge Streumunition für den Kampf gegen die russischen Angreifer liefern. Die Streumunition könnte Teil eines bis zu 800 Millionen Dollar schweren Pakets sein, mit dem Washington Kiew militärisch helfen will. Noch hat die US-Regierung dies jedoch nicht offiziell bestätigt. "Ich möchte anmerken, dass die Russen bereits Streumunition auf dem Schlachtfeld eingesetzt haben", sagte Pentagon-Sprecher Ryder am Donnerstag (6.7.). Die USA hätten Streumunition in ihren Beständen.

Zerstörte Gebäude in der ukrainischen Stadt Charkiw, auch Streummunition wurde laut Amnesty eingesetzt Bild: Sergey Bobok/AFP

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock lehnt eine Lieferung dieser Waffen an die Ukraine ab. Für die Bundesregierung gelte dasOsloer Übereinkommen, sagte Baerbock am Freitag (7.7.) in Wien. Darin ist seit 2010 festgelegt, dass Produktion und Lagerung von Streumunition verboten ist. Die beigetretenen Länder haben sich dazu verpflichtet, die Waffen weder herzustellen, noch zu lagern oder einzusetzen. 110 Länder gehören dem "Übereinkommen über Streumunition" an, weitere 13 Staaten haben das Übereinkommen unterzeichnet, aber nicht ratifiziert - sie müssen es also noch nicht zwingend umsetzen.

Wer ächtet Streumunition - und wer nicht? 

Ausgerechnet die größten Länder der Welt aber gehören der Konvention nicht an - darunter Russland, die USA, China, Indien und Pakistan, aber auch die Ukraine. Besonders in Asien, dem Nahen Osten und Nordafrika sowie in Osteuropa ist der Anteil der Mitglieder gering.

Trotz der Verabschiedung der Konvention ist der Anteil bekannt gewordener Opfer vor allem in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, durch neuen Einsatz, aber auch bessere Dokumentation. Die Hälfte aller Opfer wurde in Syrien verzeichnet - sowohl durch Angriffe, als auch durch Blindgänger.

Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW)haben die russischen Angreifer in der Ukraine in großem Umfang Streumunition eingesetzt. Dadurch seien zahlreiche Zivilisten getötet und verletzt worden. Die ukrainischen Streitkräfte hätten ebenfalls Streumunition eingesetzt, so HRW weiter.

"Abgesehen von den unmittelbaren Auswirkungen dieser Waffen haben sie dauerhafte und schwerwiegende Folgen für die Zivilbevölkerung", sagte HRW-Forscher Rich Weir der DW. "Viele dieser Submunitionen explodieren nicht und setzen die Zivilbevölkerung jahrzehntelang einer Gefahr aus."

Laut Militärexperten könnte Streumunition der Ukraine bei ihrer Gegenoffensive gegen russische Truppen helfen, die sich in Schützengräben verschanzt haben. Die Ukraine habe andere Möglichkeiten, das Ende des Krieges zu beschleunigen, ohne auf diese Bomben zurückzugreifen, sagt dagegen Weir. Er fügte hinzu, Russland solle auch auf den Einsatz von Streubomben verzichten.

Was ist Streumunition genau?

Streumunition wird als Bombe aus einem Flugzeug abgeworfen oder auch als Rakete mit Haubitzen, Artilleriegeschützen und Raketenwerfern verschossen. Sie enthält hunderte Minibomben, die sich auf besonders weite Regionen verteilen - von der Fläche einiger Fußballfelder bin hin zu mehreren Hektar Land. Dabei tötet sie nicht nur Soldaten, sondern vor allem auch Zivilistinnen und Zivilisten, darunter viele Kinder. Sie ist seit dem Zweiten Weltkrieg im Einsatz und wurde beispielsweise auch im Vietnamkrieg eingesetzt. So feuerten die USA über Laos rund 260 Millionen Minibomben ab und machten das Land damit zum weltweit verseuchtesten. 

Noch Jahrzehnte später können Blindgänger zu einer tödlichen Falle werden, da nur rund 40 Prozent während des Aufpralls explodieren, so die Hilfsorganisation Handicap International. Die Munition bleibt explosionsbereit und kann jederzeit einen Menschen verstümmeln oder töten. Damit wirkt sie ähnlich desaströs wie Landminen und macht betroffene Landstriche mitunter unbewohnbar. So sind auch in Laos Jahrzehnte nach dem Krieg noch immer einige Gebiete komplett verseucht. 

Besonders die normale Bevölkerung ist vom Einsatz der Streumunition betroffen. So berichtet der Monitor von Handicap International von 2022, dass in dem Berichtszeitraum 97 Prozent der Opfer Zivilisten waren, 66 Prozent der Verletzten und Getöteten sogar Kinder. Stand August 2022 ist die Ukraine laut Handicap International derzeit das einzige Land, in dem Streumunition eingesetzt wird.

Wer stellt Streumunition her?

Dem Streubomben-Monitor 2022 zufolge stellen derzeit mutmaßlich 16 Länder noch Streumunition her oder behalten es sich vor, es in der Zukunft zu tun. Dazu zählen Ägypten, Brasilien, China, Griechenland, Indien, Iran, Israel, Nordkorea, Pakistan, Polen, Rumänien, Russland, Singapur, Südkorea, die Türkei und die USA. Russische Streitkräfte hätten im Jahr 2022 mindestens zwei neu entwickelte Typen von Streumunition in der Ukraine eingesetzt.

Zu einer möglichen Lieferung von Streumunition an die ukrainischen Streitkräfte hatte der Exekutivdirektor der US-Nichtregierungsorganisation Arms Control Association (Vereinigung für Rüstungskontrolle), Daryl Kimball, bereits am Donnerstag (6.7.) erklärt: "Es wäre eskalierend, kontraproduktiv und würde nur die Gefahren für Zivilisten vergrößern, die in Kampfgebieten gefangen sind oder die eines Tages in ihre Städte und auf ihre Bauernhöfe zurückkehren werden."

Dieser Artikel wurde am 14.6.2022 veröffentlicht und am 7.7.2023 aktualisiert.

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