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PolitikIndien

Indien: Das Wichtigste über die Parlamentswahlen

Murali Krishnan
18. April 2024

Die indischen Parlamentswahlen 2024 sind die größten und längsten in der Geschichte des Landes. An der Vormachtstellung von Bharatiya Janata Party (BJP) um Premier Modi dürfte sich jedoch wenig ändern.

Indien | Altes Parlamentsgebäude in Neu-Delhi
Wer wird dort einziehen? Der Lok Shoba, die indische ParlamentskammerBild: Adnan Abidi/REUTERS

Rund 970 Millionen Wähler sind aufgerufen, beim größten und längsten Urnengang der Geschichte Indiens ihre Stimme abzugeben. Über insgesamt sieben Stufen laufen die am Freitag (19.04.24) Woche beginnenden und über sechs Wochen sich ziehenden Parlamentswahlen. Danach steht fest, wer auf die 543 Sitze des Lok Sabha, des indischen Unterhauses, ziehen wird.

Die Liste der Bewerber ist gigantisch. Angetreten sind sechs nationale Parteien, 57 Parteien aus den einzelnen Bundesstaaten und 2 597 kleinere Parteien. Letztere stehen zwar auf dem Stimmzettel, erfüllen aber nicht die Bedingungen, um von der nationalen Wahlkommission offiziell anerkannt zu werden.

Am 4. Juni werden sämtlich Stimmzettel ausgezählt, die Ergebnisse noch am selben Tag bekannt gegeben. Um die absolute Mehrheit zu erreichen, muss eine Partei oder Koalition über 272 Sitze im Parlament verfügen.

Das Hauptrennen wird zwischen den beiden größten politischen Parteien Indiens stattfinden: der regierenden Bharatiya Janata Party (BJP) um Premier Narendra Modi und dem oppositionellen Indian National Congress (INC).

Um 2024 eine geschlossene Opposition gegen die BJP und Premier Modi zu bilden, steht die Congress-Partei an der Spitze eines Bündnisses von 28 Parteien, genannt "Indian National Developmental Inclusive Alliance" (INDIA).

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Modi und BJP weiterhin beliebt

Umfragen zufolge dürften Premierminister Modi und seine hindunationalistische BJP als Sieger aus den Wahlen hervorgehen.

Modi ist nicht zuletzt aufgrund seines auf die hinduistische Mehrheit Indiens ausgerichteten Programms beliebt. Die Hindus stellen 80 Prozent der Bevölkerung. Zudem hat Modi verschiedene Programme für wirtschaftliches Wachstum auf den Weg gebracht. Dazu hat er den Indern auch ein Versprechen gegeben: Das Land werde bis 2029 zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen.

Bei den Wahlen 2019 hatte die BJP mit 303 Sitzen einen erdrutschartigen Sieg errungen und eine Koalition von insgesamt 353 Sitzen gebildet. Die Kongresspartei hingegen errang 52 Sitze. Zu ihnen kamen 91 weitere der mit ihr koalierenden Parteien.

Angesichts der nun ein Jahrzehnt dauernden und sich aller Wahrscheinlichkeit nach um fünf weitere Jahre verlängernden Macht der BJP monieren Kritiker, die Modi-Regierung habe Indiens jahrzehntelanges Engagement für Mehrparteiendemokratie und Säkularismus in sein Gegenteil verkehrt.

Politisches Angebot: Narendra Modi (m.) mit dem Wahlprogramm der BJP im April 2024Bild: Manish Swarup/AP/picture alliance

Sorge vor möglicher Verfassungsänderung

Immer wieder setzt die BJP auf eine aggressive hindunationalistische Agenda. Diese hat sich in der Vergangenheit als hilfreich erwiesen, um Stimmen zu gewinnen. Die politischen Gegner der BJP fürchten indessen, die ultranationalistische Rhetorik der Partei könne den Säkularismus als Grundlage der indischen Verfassung verdrängen.

Seit der Wiederwahl der BJP im Jahr 2019 sind die Spannungen zwischen Hindus und der muslimischen Minderheit Indiens eskaliert.

Die Frauenrechtsaktivistin Syeda Hameed, ehemals Mitglied der indischen Planungskommission, fürchtet gar, die Verfassung könnte geändert werden, sollte die BJP die Parlamentswahlen abermals gewinnen.

"Es wurde ganz offen erklärt, dass Indien ein theokratischer Staat werden wird, sollte die BJP die Verfassung ändern. Je nach dem, welche Mehrheitsverhältnisse sie erringen, könnte das passieren", so Hameed im Interview mit der DW.

Die größte Wählerschaft der Welt

Offiziellen Zahlen zufolge leben in Indien 497 Millionen männliche und 471 Millionen weibliche Wahlberechtigte. Im Vergleich zu den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2019 ist die Wählerschaft um sechs Prozent gewachsen. Das liegt insbesondere an den über 20 Millionen Erstwähler in der Altersgruppe der 18- bis 28-Jährigen, die nun neu hinzukommen.

"Die jungen Menschen zeigen ein neues Wahlverhalten", so der BJP-Politiker Narasimha Rao zur DW. "Sie stimmen nicht nur für Parteien, sondern auch für individuelle Führungspersönlichkeiten. Das Image der Kandidaten scheint für sie ein wichtigerer Faktor zu sein als für ältere Wähler."

Die Wahlbeteiligung bei indischen Wahlen ist im Allgemeinen hoch. Angaben der indischen Wahlkommission (ECI) zufolge gaben 2019 zwei Drittel der Wähler ihre Stimme ab.Die Wahlkommission ECI entsendet Wahlbeobachte, die für Transparenz der sechswöchigen Wahl sorgen.

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Eine vielfach gestaffelte Wahl

Die Stimmabgabe findet nach Regionen gestaffelt statt. Die entsprechenden Bezirke wurden von der ECI auf Grundlage sozialer Faktoren wie der Bevölkerungszahl der einzelnen Bundesstaaten sowie politischen Erwägungen festgelegt. Zu diesen gehören etwa Überlegungen hinsichtlich des sicheren und ungestörten Ablaufs der Wahlen.

Durch die regional gestaffelte Stimmabgabe können die Wahlbeamten, Beobachter und das Sicherheitspersonal von einer Region in die andere reisen und sicherstellen, dass es zu keinen Verstößen kommt.

Die ECI hat für die Parteien und Kandidaten einen Muster-Verhaltenskodex durchgesetzt. Verstöße gegen die Regeln werden geahndet.

So soll vor allem sichergestellt werden, dass die Regierungsparteien ihre Position nicht missbrauchen, um sich einen unlauteren Vorteil zu verschaffen. Auch soll politische Korruption verhindert werden.

Zusätzlich zu den Polizeikräften der einzelnen Bundesstaaten sollen knapp 340.000 Beamte der zentralen Polizeikräfte den regulären Ablauf der Wahlen sichern. 

Im Vorfeld der Wahlen mahnte Indiens oberster Wahlkommissar Rajiv Kumar die politischen Parteien angesichts zunehmender Hassreden und Falschinformationen zu verbaler Zurückhaltung. "Wir setzen uns für einen politischen, ethischen Diskurs ein. Ich möchte an die Parteien appellieren, den Anstand zu wahren und von Beleidigungen und persönlichen Angriffen abzusehen", so Kumar gegenüber den Medien.

Indische Arbeiter verpacken kleinen Tintengefäße. Tinte am Finger der Wähler soll mehrfache Stimmabgaben verhindernBild: Rakesh Nair/REUTERS

Milliarden für Wahlkampfausgaben

Die Wahlen sollen für die Bevölkerung keine unzumutbare Belastung darstellen. Darum schreibt die Wahlordnung vor, dass im Umkreis von 2 Kilometern von jedem Haus ein Wahllokal vorhanden sein muss. Die Wähler werden ihre Stimme in über 1,25 Millionen Wahllokalen an 5,5 Millionen elektronischen Wahlgeräte (EVMs) abgeben.

Indien verwendet sichere EVMs seit dem Jahr 1999. Im Jahr 2014 wurden Drucker eingeführt, die einen Ausdruck jedes Stimmzettels in einer versiegelten Box hinterlegen, den sogenannten "Voter Verifiable Paper Audit Trail". Sie gewährleistet eine zusätzliche Sicherheitsebene.

Bei der letzten Stimmenabgabe im Jahr 2019 investierten die Parteien und Kandidaten rund acht Milliarden Euro in den Wahlkampf. Diesmal ist die Summe noch höher: Das in Neu-Delhi ansässige Zentrum für Medienstudien schätzt, dass die politischen Parteien und Kandidaten für den Wahlkampf über 13,5 Milliarden Euro ausgeben werden.

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp